Marais du Cotentin – die Camargue der Normandie

Wenn Ihr das erste Mal auf den Cotentin reisen, werdet Ihr an dem Gebiet zwischen den beiden Küsten wahrscheinlich nicht viel Spektakuläres feststellen. Kühe und Pferde grasen friedlich auf den Weiden, die von hohen Wallhecken umgeben sind, und ab und an kommt Ihr vielleicht auch mal durch ein Stück Wald. Seine ganze Schönheit entfaltet der "Parc naturel régional des Marais du Cotentin et du Bessin" in den Wintermonaten. Dann, wenn die Marais, die Marschen, "weiß werden".

Marais du Cotentin, Urlaub mit Hund in der Normandie

Sümpfe? Weiß? Ja – große Teile des Regionalparks sind auch heute noch echte Feuchtgebiete, zumindest in den regenreichen Herbst- und Wintermonaten. 30.000 Hektar des insgesamt 150.000 Hektar umfassenden Regionalparks sind solche Sumpfgebiete.

Als der Cotentin eine Halbinsel war

Ursprünglich war der Cotentin wirklich eine Halbinsel. Die Wikinger sollen der Überlieferung nach den Cotentin auf seinen Wasserstraßen durchfahren haben. Lediglich an wenigen Stellen – bei Carentan, der "Sumpfhauptstadt" und bei Lessay – konnte man trockenen Fußes hinübergelangen. Fünf Flüsse durchdringen das Gebiet der Marais bis heute: Aure, Vire, Taute, Douve und Ay. Um das Gebiet nutzbar zu machen, wurden ab dem 16. Jahrhundert zahlreiche Entwässerungsgräben angelegt. Außerdem baute man die sogenannten "Portes à flots" ein, um das Vordringen des Meeres ins Landesinnere zu stoppen. Die "Portes à flots" öffnen sich bei abfließendem Wasser und schließen sich bei Flut wieder. Vollautomatisch, allein durch die Kraft des Wassers. Sie wurden im 18. und 19. Jahrhundert an allen Hauptflüssen angebracht und haben maßgeblich dazu beigetragen, aus dem Sumpfgebiet für ein halbes Jahr Weideland zu machen. Allein, in den Wintermonaten steigt der Wasserspiegel so hoch an, dass überall in den Marais das Wasser steht und sich einstige Wiesen in eine riesige Seenlandschaft verwandeln. Das Wasser verbindet sich am Horizont mit dem Himmel und die Sümpfe werden "weiß". An einem schönen Spätwintertag kann das Wasser allerdings auch kräftig blau schimmern.

Ein einzigartiger Naturraum

Dieses Zusammenspiel von Flüßen, Weiden, Meer, Wetter und nicht zuletzt dem Menschen hat einen einzigartigen Naturraum von europäischem Rang geschaffen. Die Marais und die angrenzenden Küstengebiete, wie etwa die Bucht von Veys, dienen Zugvögeln als Rastplatz. Zahlreiche Brutvögel lassen sich im Frühjahr hier nieder, darunter Störche, Bussarde, Falken, Löffelreiher und Entenvögel. Die Marais sind zudem Heimat seltener Schmetterlingsarten, von Libellen, Schlangen und sogar Fischottern. Hier wachsen Orchideen und andere seltene Pflanzen in Hülle und Fülle. In den Sommermonaten könnt Ihr das Gebiet gut zu Fuß oder mit dem Rad erkunden – das Wegenetz ist gut ausgebaut und führt Euch zu vielen Highlights der Sumpf-, Bocage-, Weide- und Küstenlandschaft. Für einen kleinen Spaziergang bieten sich die "Sentirs Découverte" an. Dahinter verbergen sich kleine Rundwege mit circa 3 Kilometern Länge, die meist auch mit Lehrtafeln ausgestattet sind. Wo immer Ihr ein solches Schild am Straßenrand seht: Folgt ihm und lasst Euch von der Vielfalt überraschen! Weitere große und kleine Wanderungen – nicht nur in den Marais – haben wir für Euch in der Rubrik Natur erleben mit Hund zusammengestellt.

Die Marais im Winter

Im Winter könnte ein Spaziergang allerdings zu einem feucht-fröhlichen Erlebnis werden, weswegen es bequemer ist, das Auto zu nehmen und einzelne Punkte anzusteuern. Aber Achtung: Manchmal sind auch die Straßen gesperrt, fahrt nicht weiter, wenn Ihr ein Schild "route barrée" entdeckt. Viele besonders schöne Stellen sind zudem nur über schmale Straßen erreichbar und daher nicht für große Wohnmobile geeignet. Ansonsten braucht Ihr für Euer Naturerlebnis warme Kleidung und wasserdichte Schuhe. Zum Abtrocknen des Hundes, der sicher genauso gerne wie meine beiden in Schlamm- und Wasserlöcher hüpft, ist zudem ein Handtuch im Auto zweckmäßig. Beachtet außerdem, dass viele Franzosen während der Jagdsaison in den Marais jagen. Wenn Ihr Vögel und Wildtiere beobachten möchtet, braucht Ihr ein Fernglas und/oder einen Fotoapparat mit einem entsprechenden Teleobjektiv. Das "Maison du Parc" und der unmittelbar angrenzende Naturpfad sind leider für Hunde verboten.

Lieblingsplätze in den Marais

Die Schönheit der weißen Marais im Winter könnt Ihr aber an vielen anderen Punkten erleben. Kauft Euch eine gute Straßenkarte und folgt den Schildern, auf denen Ihr das Symbol des Naturparks sehen könnt, auf verschlungene Pfade. Wir haben Euch hier ein paar unserer Lieblingsplätze zusammengestellt. Die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit!

  • Graignes-Mesnil Angot: Fahrt zum Memorial (ausgeschildert) und genießt von hier aus den Blick über die überfluteten Weiden. Wenn Ihr dem Weg weiter folgt, könnt Ihr ein Stück am Wasser entlang fahren oder auch ein paar Schritte auf nur wenig überfluteten Wegen wagen.
  • Maison des Ormes: Nur einen Katzensprung entfernt steht das Maison des Ormes (bis zum Parkplatz ausgeschildert). Bei richtig Hochwasser bekommt Ihr hier nasse Füße, im Frühjahr bietet sich der Rad- und Fußweg entlang des Kanals aber für einen Spaziergang an. 
  • Das Château de la Rivière findet Ihr ein kleines Stück den Kanal entlang in die andere Richtung. Ab März wird die Ruine von Störchen bevölkert, die hier ihre Jungen aufziehen.
  • Die Marais du Rivages in der Nähe von Auvers bietet Euch einen wunderschönen Ausblick über das Sumpfgebiet des Douve.
  • Weitere schöne Aussichtspunkte auf den Douve  bekommt Ihr in den Orten Liesville-sur-Douve, auf der Route von Chef-du-Pont nach Beuzville-la-Bastille und der Traverse durch die Sümpfe bei Pont l'Abbé.
  • In Longuerac könnt Ihr ebenfalls die Flusslandschaft und die kontemplative Stimmung im Winter genießen.

Impressionen – Marais du Cotentin


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