Zum allerersten Mal sind wir dabei, beim Dogblogger-Adventskalender! Schaut hinter die anderen Türchen der verschiedenen HundebloggerInnen, in denen sich tolle kreative Ideen, Rezepte und nette Geschichten verbergen. Heute ist ein Tag vor Heiligabend und ich möchte die Gelegenheit nutzen, Euch zu erzählen, wie in Frankreich Weihnachten und Silvester gefeiert wird und wie wir selbst die Feiertage in der Normandie verbringen.
Ein paar Worte vorab...
Seit Ende 2016 wohnen wir (mein Mann Eberhard, die Hunde Idgie und Ben und meine Wenigkeit) nun schon ziemlich weit im Westen Frankreichs, genauer gesagt an der Westküste der Basse Normandie. Seit 2014 verbringen wir hier den Jahreswechsel, zuerst zum Häuser guggen, dann zum Umziehen und seit vier Jahren für immer. Und Ihr ahnt es vielleicht: Unsere Hündin Idgie ist nicht ganz unschuldig an unserem Ortswechsel (neben der guten Luft, dem wunderbaren Meer, der höheren Lebensqualität, dem besseren Essen . . . ). Denn der Silvesterterror in Deutschland war schlichtweg Horror für unsere geräuschsensible Borderhündin, zumal sich dieser in der Silvesternacht über Stunden und zusätzlich tagelang in den Januar hineinzog. Ein in einer Unterführung gezündeter Böller neben dem Hundekind (Tage nach Silvester) tat sein Übriges.
In großen Teilen Frankreichs gehört die Knallerei zum Jahreswechsel nicht zur Tradition, in vielen Regionen ist sie komplett verboten. Im Westen der Manche, die zur Normandie gehört, kann es Euch passieren, dass mal ein paar deutsche oder englische Touristen (in letzterem Fall: eine Stunde zu spät) eine Rakete in den Nachthimmel jagen. Oder Euer Nachbar morgens um sechs von der großen Fete nach Hause torkelt und ein paar Knaller loswerden muss. Das war's dann aber auch*. Investiert wird in Frankreich lieber in Handfestes, nämlich gutes Essen und Trinken. Geschlemmt und gefeiert wird (meist) unter Freunden oder im großem Stil im Restaurant mit unendlich vielen Gängen und dem Besten von Erde und Meer. Vorsicht: Nicht nach dem Silvesterurlaub zu Hause auf die Waage stellen :-) . Die meisten Hundemenschen kommen ohnehin nicht wegen Hummer, Jakobsmuscheln, Austern, Lammkeule, Rochenflügeln und weiteren Leckereien in die Normandie, sondern weil sie und ihre Hunde hier einen stressfreien Jahreswechsel verbringen können.
Andere Länder, andere Sitten: Das Weihnachtsfest
In Frankreich ist eindeutig in der Advents- und Weihnachtszeit weniger Lametta*! Also zumindest bei uns in der Normandie. Nicht, dass die Franzosen kein Händchen für aufwendige Lichtdekorationen hätten – nahezu jedes Dorf glänzt in Straßen und auf Plätzen mit prunkvollen Lichtgirlanden und kunstvollem Weihnachtsschmuch. Manche sind dabei unschlagbar kreativ. Portbail, eine kleine Hafengemeinde in der Manche, leistete sich 2019 gar einen gigantischen, acht Meter hohen "Weihnachtssurfbär" vor dem Kirchplatz. Vor den Privathäusern dagegen seht Ihr sehr viel weniger Weihnachtsdeko: Ein Schüler hat vor ein paar Jahren damit begonnen, sein Elternhaus nach amerikanischem Vorbild zu illuminieren und wurde zu einer wahren Pilgerstätte (auch wenn er heuer erstmals "Konkurrenz" durch Nachahmer bekommen hat). Auf der anderen Seite hat eine meiner Nachbarinnen erst am zweiten Adventssonttag den Halloween-Knochennmann an der Haustür durch einen geflochtenen Adventskranz ersetzt.
Insgesamt ist die Adventszeit wesentlich unaufgeregter, die Weihnachtsmärkte sind eher beschaulich und klein. Und Schnee? Sowieso meist Fehlanzeige!
Der 24. Dezember ist fast ein normaler Arbeitstag: Geschäfte sind geöffnet, zum Glück auch die Tierarztpraxen. Die Ladentüren schließen ein, zwei Stunden früher als an normalen Werktagen. Am Abend kommt die Familie zusammen, um: Ja, richtig, zu schlemmen. In den Haushalten wird mächtig aufgefahren und unsere regionalen Spezialitäten stehen hoch im Kurs: Die Austernzüchter machen beispielsweise 70 Prozent ihres Umsatzes in der Weihnachtszeit*. Zu keinem Zeitpunkt des Jahres sind sie delikater und nussiger als in der Wintermonaten. Und heiß begehrt: Um die Meeresfrüchte vor dreisten Dieben zu schützen, setzt die Gendarmerie sogar berittene Patrouillen am Strand ein. Meeresfrüchte, Räucherlachs, Geflügel, Boudin Noir (eine Art Blutwurst) und Foie Gras gehören traditionell auf den Menüplan, letzteres bereits seit der gallo-römischen Zeit. Wer mag, besucht zwischen den Gängen den Weihnachtsgottesdienst um Mitternacht, bevor die ersten Köstlichkeiten des Ersten Weihnachtsfeiertages die Nacht beschließen. Interessanterweise heißt Heiligabend im Französischen "le réveillon de Noël", wohin gegen Silvester "réveillon du jour de l'an" ist (und unterm Strich meint: ein gigantisches Festessen).
Irgendwann zwischen dem letzten Schluck Wein und dem ersten Schluck Kaffee rutscht Papa Noël durch den Kamin und legt die Geschenke unter den Baum. Auch der Erste Feiertag wird im Kreis der Familie verbracht. Wer jetzt nicht schon vom Lesen ein Kilo zugenommen hat, der sei vor dem Dessert gewarnt: Der Bûche de Noël, einer mit Schokoladen-Buttercreme gefüllten Biskuitrolle.
Und der Zweite Weihnachtsfeiertag? Den gibt es in Frankreich schlicht und ergreifend nicht. Er ist ein ganz normaler Werktag. Oft hat dann auch schon der Weihnachtsbaum, der Sapin de Noël, seine Schuldigkeit getan, der vor allem in städtischen Gebieten bereits ab dem 26. Dezember zur Sammelstelle gebracht werden kann. Apropos Baum: 5,8 Millionen natürliche Weihnachtsbäume erstanden die Franzosen 2019, während es in deutschen Haushalten laut Statistik 29,8 Millionen Bäume waren.
Zum Abschluss der Weihnachtszeit wird der 6. Januar, der Dreikönigstag begangen. Auch er ist ein Werktag und – wie sollte es anders sein – mit einer kalorienreichen Tradition verbunden. Es wird
eine Galette des Rois (der sogenannte Königskuchen) gebacken, oder mittlerweile einfach in der Bäckerei gekauft. In dieser Leckerei ist eine kleine Figur mit eingebacken. Wenn Ihr sie in Eurem
Stück findet, seid Ihr für einen Tag KönigIn in Eurer Familie. Den Brauch gibt es übrigens nicht nur in Frankreich, sondern auch in Belgien, Luxemburg und im Saarland, wobei die Rezepte regional
unterschiedlich sind, der Teig sowohl ein Blätter- als auch ein Hefeteig sein kann.
Besonderheiten in Frankreich zu Weihnachten
Nicht überall in Frankreich sind die Bräuche rund ums Fest gleich, auch hier gibt es regionale Spielarten. Den deutschen Traditionen an Weihnachten am ähnlichsten sind die im Elsass und in Lothringen, den einzigen Regionen, in denen denn sogar der Zweite Feiertag begangen wird. So reklamiert das elssässische Örtchen Sélestat die erste schriftliche Erwähnung des Weihnachtsbaumes für sich, im Lothringeischen
Goetzenbruck bei Meisenthal sollen die gar die gläsernen Christbaumkugeln erfunden worden sein, als wegen einer Missernte nicht genügend Äpfel zum Schmücken des Christbaums zur Verfügung standen.
Der Weihnachtsmarkt von Strasbourg gilt als einer der ältesten und schönsten in ganz Frankreich.
Weitere interessante örtliche Bräuche rund ums Fest in Frankreich sind:
- das Weihnachts- oder Silvesterschwimmen, bei denen sich hunderte von Menschen ins Meer stürzen – auch wenn das, wie bei uns in der Normandie, nur eine Wassertemperatur von rund acht Grad aufweist,
- der Olentzero, der im Baskenland fürs Geschenkeverteilen zuständig ist,
- die Pastrage-Zeremonie in der Provence, zu der bei der Mitternachtsmesse an Weihnachten den Gläubigen und dem Priester ein neu geborenes Lamm aus der aktuellen Lammzeit präsentiert wird,
- das Weihnachts-Dessert in der Provence, zu dem 13 unterschiedliche Genüsse serviert werden, um an Jesus und die zwölf Apostel zu erinnern.
Und wie feiern wir persönlich?
Wie feiern wir? Dieses Jahr nicht so viel anders wie die vergangenen Jahre, in Frankreich nicht wesentlich anders als in Deutschland. Nur eben noch minimalistischer, als vorher schon. Also, wir futtern alles an Leckereien in uns rein, was wir auf den Märkten und in den Supermärkten – die in Frankreich so viel mehr zu bieten haben als ihre deutschen Pendants – finden. Tagelange Kochorgien wie einst in Deutschland veranstalten wir nicht mehr, probieren lieber, was uns gerade so vor die Hände oder die Münder kommt. Zum Beispiel eine neue Blätterteig-Hackfleisch-Kreation unseres lokalen Metzgers. Oder es kommt einfach mal eine große Portion ganz frischer Jakobsmuscheln auf den Teller. Zwischendrin gibt es Treffen mit "Silvesterflüchtlingen" oder befreundeten (Teilzeit-) Auswanderern oder wir gönnen uns ein feines Festessen in einem unserer Lieblingsrestaurants*. Wenn das Wetter mitspielt – meist ist es durchwachsen, aber sonnige Abschnitte sind immer dabei – geht es mit den Hunden an den – zumeist fast menschenleeren – Strand.
Ganz ehrlich: Ich liebe es, dass es in der Vorweihnachtszeit und auch zwischen den Jahren ruhiger ist als aus Deutschland gewohnt, mit dieser schon fast kontemplativen Stimmung. Tagsüber zusammen mit Idgie und Ben durch die Dünen streifen und an der Küste entlang laufen. Zugvögel, Kaninchen, Rebhühner und Fasane beobachten. Mit den Hunden nachts vor der Tür zu sitzen und nichts zu hören als das Rauschen des Meeres und das Pfeifen des Windes, das einsame Bellen eines heiseren Fuchses, das schüchterne Blöken eines der ersten Lämmer – mehr braucht es für mich zu Weihnachten (und auch sonst) nicht. Die Welt anschauen, die Schöpfung bewundern und jeden Tag, jeden Atemzug leben.
*Schlussbemerkung
Ich beschreibe hier ausdrücklich die letzten Jahre, denn dieses Jahr, und vermutlich auch nächstes Jahr noch, ist das komplette Leben in Frankreich sehr viel anders als in den Jahren zuvor. Wenn es Euch interessiert, welche Regeln in C-Zeiten in Frankreich gelten, könnt Ihr das in meinem aktuellen Blogbeitrag zur Lage nachlesen.
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Steffi (Mittwoch, 23 Dezember 2020 11:17)
Wow, das hört sich nach einer aufregenden Weihnachtszeit an! Ich beneide euch sehr um die fehlende Silvesterknallerei. Boerne hat jedes Jahr furchtbare Angst in den Wochen rund um den Jahreswechsel. Zum Glück fällt das große Feuerwerk in diesem Jahr aus.
Ich finde es immer spannend zu lesen, wie in anderen Ländern die Weihnachtzeit gefeiert wird und wünsche euch jetzt - trotz Corona - eine schöne Zeit und einen ruhigen Jahreswechsel!
Liebe Grüße
Steffi
Marion (Donnerstag, 14 Dezember 2023 22:01)
Hallo Steffi,
Mein Hündin dreht Silvester extremst durch. Nun überlege ich , in die Normandie zu fahren . Kannst du mir sagen ob Duinkeque böllerfrei ist. Oder welcher Ort sonst zu empfehlen ist.
Liebe Grüße und im Voraus vielen Dank m Namen von Shiva .
Marion